„Versorgungsunternehmen müssen sich als die Treiber der Digitalisierung verstehen, wenn sie auch in Zukunft erfolgreich wirtschaften wollen“ – Dieser Forderung von Stefan Slembrouck von der Alliander-Tochter SmartSociety Services in Utrecht konnten sich am Ende alle Teilnehmer des 4. edna-Kamingesprächs, das diesen Mittwoch in Karlsruhe stattfand, anschließen. Denn durch technologische Entwicklungen wie die Blockchain aber auch durch den Druck der Kunden wird sich der Energiemarkt in den kommenden Jahren drastisch verändern. So befinden sich beispielsweise von den rund 1,6 Millionen Anlagen für die Erzeugung aus erneuerbaren Energien nur 13 Prozent in den Händen etablierter Versorger. „Viele derjenigen, die sich hier engagieren, sind mit der Umsetzung der Energiewende unzufrieden, weil es ihnen zu langsam geht. Wenn die Geschäftsmodelle finden, die einfach und lohnend sind, werden sie diese auch umsetzen“, betonte Udo Sieverding, bei der Verbraucherzentrale zuständig für das Thema Energie.
Zu einem zentralen Werkzeug wird sich dabei in Zukunft die Blockchain entwickeln. Denn sie ermöglicht es Marktteilnehmern, direkt miteinander Geschäfte zu machen, ohne dass dafür ein Lieferant, eine Bank oder gar eine Abrechnungssoftware nötig sind. Und diese Technologie bietet zahlreiche weitere Möglichkeiten, auch wenn sie erst ganz am Anfang steht. „Über die neuen Smart Contracts können wir in der Blockchain schon heute Dinge wie Herkunftsnachweisregister, Blind- und Wirkleistungsregelungen oder das Smart Grid Management abbilden, und dies mit einem sehr geringen Aufwand. In Zukunft werden dazu eine Vielzahl weiterer Energie-Apps entstehen, die völlig unabhängig von den traditionellen Unternehmensmodellen der Versorger funktionieren“, beschreibt Erwin Smole, einer der Gründer von Grid Singularity aus Wien, die Blockchain und aktuell laufende Projekte. Sein Unternehmen hat beispielsweise bereits eine Plattform entwickelt, über die jede angebundene Erzeugungsanlage weltweit und innerhalb kürzester Zeit via Blockchain angesprochen werden kann.
Getrieben wird diese Entwicklung der Energiewirtschaft nicht zuletzt von jungen Startups, die Möglichkeiten von Blockchain oder anderen Open Source-Plattformen nutzen, um neue Ideen in sehr kurzer Zeit umzusetzen. „Wenn Sie aber als Startup bei einem etablierten Energieversorger anklopfen, landen Sie erst mal beim Einkauf und kommen dort nicht weiter. Deswegen müssen Versorger mehr ‚Startup-Denken‘ aufbauen und aktiv und direkt nach passenden Partnern suchen“, betont Erwin Smole. Für Stefan Slembrouck ist das Rezept einfach: „Teams, die an spannenden Themen arbeiten, brauchen Freiheiten. Wenn sie Erfolg haben, kann man das dann als Firma ausgründen. Wenn nicht, muss man ein Thema auch mal einstampfen und sich dem nächsten zuwenden. Und: Man kann nicht mehr alles alleine machen, sondern muss sich mit kompetenten Partnern vernetzen“. Dass ein derartiger Ansatz in der Praxis funktioniert, bestätigte Uwe Nachtigall vom E-Werk Mittelbaden, wo schon mehrere Projekte mit Teams, die aus jungen Studenten und bewährten Mitarbeitern bestanden, erfolgreich umgesetzt wurden. „Wichtig ist es, dass diese Teams völlig unabhängig vom Tagesgeschäft arbeiten können“, so seine Erfahrung.
Moderator Bernd Mildebrath von der Schleupen AG und Mitglied des edna-Vorstands prognostiziert deswegen ein deutliches Umdenken in der nach wie vor eher traditionell ausgerichteten Energiewirtschaft: „Wir steuern auf eine neue ‚Trial-and-Error‘-Kultur zu, die sicherlich zu großen Umwälzungen führen wird“. Deswegen lud er am Ende des Kamingesprächs alle Beteiligten schon jetzt zum 9. edna-Kamingespräch im Jahr 2021 ein: „Dann sehen wir, was aus all diesen Entwicklungen geworden ist.“
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