Lokale Gaswerke waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Wegbereiter in Deutschland.

Waren es anfangs kleinere Privatgaswerke auf Firmengelände oder in Privathäusern, so begann die öffentlichen Energieversorgung im September 1826 mit den Gaswerken (damals als „Gasanstalten“ bezeichnet) in Hannover und in Berlin. Beide Standorte wetteiferten miteinander um den früheren Betriebsbeginn und begannen im Abstand von nur 17 Tagen mit der Gaslieferung für die örtliche Gasbeleuchtung. 

In dieser Woche vor 200 Jahren wurde am 21. April 1825 in Berlin zwischen dem Königlichen Ministerium des Inneren, der Polizei und der „Imperial-Continental-Gas-Association“ (ICGA) ein Vertrag über Bau und Betrieb eines Gaswerks abgeschlossen. Vertraglich vereinbarter Lieferbeginn sollte der 1. Januar 1826 sein. Bereits am 30. August 1825 war die Grundsteinlegung für die Gasanstalt in Berlin. Die reguläre Gaslieferung begann in Berlin knapp ein Jahr später am 19. September 1826 mit der Beleuchtung Unter den Linden.

Schon im Dezember 1824 erhielt Sir William Congreve, Gründer der oben erwähnten ICGA, die ministerielle Genehmigung, ab dem 1. Juli 1825 die Straßenbeleuchtung von Hannover (damals Hauptstadt des gleichnamigen und bis 1837 in Personalunion mit Großbritannien regierten) Königreichs mit Gas zu betreiben. Im Januar 1825 unterzeichnete Stadtdirektor Rumann einen entsprechenden Vertrag zwischen der Stadt Hannover und der ICGA. Allerdings konnte der geplante Betriebsbeginn nicht gehalten werden, da die erforderliche Konzession zur Errichtung der Gasanstalt in der damaligen Vorstadt Glocksee erst  im März 1826 durch die königliche Landdrostei (Vorgängerin der Bezirksregierung Hannover) erteilt wurde. Danach war Baubeginn und bereits  im August 1826 gab es eine Probebeleuchtung anlässlich des Geburtstags des Königs von Hannover. 

Am 2. September 1826 wurde dann erstmals regulär Gas für die Beleuchtung geliefert. Dieses Datum ist damit wohl auch formal die Geburtsstunde und Hannover der Geburtsort der öffentlichen Gasversorgung in Deutschland.

Die Branche wuchs schnell und ermöglichte genauso wie die später entstandene Stromwirtschaft die Industrialisierung Deutschlands. So gab es nur knapp hundert Jahre nach Beginn der öffentlichen Gasversorgung, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, schon an die 1.300 Gaswerke in Deutschland. Begleitend hatte sich eine entsprechende Industrie entwickelt, die in großen Stückzahlen Anlagen und Netze baute. Dazu zählten Firmen wie die Carl Francke AG, Bremen. Die baute im Oktober 1907 das 225. komplette Steinkohlengaswerk aus eigener Fertigung und hatte  in den fünf Jahren zuvor schon mehr als ein Drittel aller Gaswerke bis zu 1.000 cbm Tagesleistung in Deutschland erbaut.

Quellen: Auf Anfrage bei Bernhard Mildebrath

Bildquelle: Wikipedia – Imperial Continental Gas Association

Gasanstalt (links der Bildmitte) mit Schornstein der ICGA in der Glocksee, gesehen etwa von der (späteren) Limmerstraße Ecke Blumenauerstraße; kolorierter Stahlstich nach einer Lithografie von Friedrich August Schmidt, um 1830