Vielleicht ein Übermaß an Komplexität und auch immer mal widerstrebende Interessen verhindern seit 15 Jahren den Aufbau einer Smart Meter Infrastruktur in Deutschland, die ganz wesentlich zur Digitalisierung der Energiewende beitragen soll. 

Umso beachtlicher war das Echo auf die Ankündigung von Bundesminister Robert Habeck am 20. Oktober 2022 während einer Veranstaltung des Future Energy Labs, diese Hürden mit einem umfassenden Maßnahmenpaket zu beseitigen und den Rollout gemeinsam mit der Branche erheblich zu beschleunigen und zu vereinfachen.

Heinrich Lang, Leiter der edna PG „Digitalisierung im Messwesen“ und Mitglied der BMWK AG „Intelligente Netze und Zähler“, informierte darüber in einem Online-Termin am 3.11.2022.

Der Minister-Ankündigung folgte nun der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz eines „Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“; abgekürzt GNDEW.

Die wesentlichen Ziele der Novelle sind ambitioniert und sollen der Einfachheit halber nachstehend aufgezählt werden. Das GNDEW (so die Abkürzung) soll …

  • den Rollout beschleunigen, 
  • die Verfahren rund um den Rollout intelligenter Messsysteme entbürokratisieren, 
  • die Rechtssicherheit stärken,
  • die Kosten zukunftsfest und gerechter verteilen,
  • den Markt und den Wettbewerb anreizen, 
  • die Kompetenzen zielgerichtet bündeln,
  • die Nachhaltigkeit stärken,
  • die Erzeugungs-, Verbrauchs- und Netzzustandsdaten besser als bisher für Netzbetrieb bereitstellen,
  • die Netzplanung und Strombelieferung unterstützen, vor allem auf Basis von variablen Stromtarifen,
  • und die Datenkommunikation bei gleichbleibend hohem Datenschutz vereinfachen.

Am „Rollout-Fahrplan“ lässt sich erkennen, wie die Digitalisierung der Energiewende Fahrt aufnehmen soll. Er wird mit verbindlichen Zielen und Zeitrahmen verankert, wobei das Erfordernis der Marktanalyse und Markterklärung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik entfällt. Die Rolloutfristen orientieren sich dabei vorrangig am Zieljahr 2030. – In einer Stellungnahme dazu heißt es: „Hierbei ist allerdings zu ergänzen, dass die Nichtbeachtung der Zielvorgaben künftig nicht mehr zum Verlust der Grundzuständigkeit führt, sondern „nur“ noch zu einem Aufsichtsverfahren durch die Bundesnetzagentur.“[1]

Ergänzend heißt es in seinem Kommentar zum gMSB an gleicher Stelle: „Auch können sich grundzuständige Messstellenbetreiber nun ohne Beschränkungen in anderen Netzgebieten betätigen und gelten insoweit als wettbewerbliche Messstellenbetreiber. Die von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Positionspapiere zur Entflechtung dürften insoweit obsolet sein.“

Neu ist dabei ein „Auffangmessstellenbetreiber“. Mit dem wird ein „bundesweiter grundzuständiger Messstellenbetreiber geschaffen, der immer dann, wenn ein grundzuständiger Messstellenbetreiber ausfällt, dessen Verantwortlichkeit kostenfrei und dauerhaftübernimmt.  Auffangmessstellenbetreiber ist dabei der grundzuständige Messstellenbetreiber im gesamten Bundesgebiet, der jeweils die meisten intelligenten Messsysteme bundesweit im Feld verbaut hat.“[2]

Hilfreich für die erwartete Beschleunigung scheint auch, dass die „drei-Hersteller-Regel“ entfallen soll. Der Rollout kann demnach sofort mit den bereits zertifizierten Geräten in den meisten Einbaufällen starten. 

Dabei soll auch die Lieferkette vereinfacht werden, „deren Vorgaben derzeit den Rollout unnötig erschweren. So wolle man einen massengeschäftstauglicher Postversand bei der sicheren Lieferkette zulassen und eine stärkere Berücksichtigung der Nachhaltigkeit festschreiben.“[3]

Heute noch nicht verfügbare, „aufwendige Funktionen“ (z.B. Steuern und Schalten) können im Zuge des Rolloutmanagements über Anwendungsupdates auf den Smart-Meter-Gateways nach und nach freigeschaltet bzw. bereitgestellt werden.[4]

Ganz neu ist die Möglichkeit, als Anlagenbetreiber den Einbau von intelligenten Messsystemen zu verlangen. Auf sein Verlangen hin hat der Messstellenbetreiber dann vier Monate Zeit, um ein intelligentes Messsystem und – falls erforderlich und freigegeben – auch die „notwendigen technischen Einrichtungen einschließlich Steuerungseinrichtungen“ zu verbauen.

Ergänzend zu den Anpassungen des Rollout-Verfahrens befasst sich der Referentenentwurf auch mit der Kostenverteilung, der Datenkommunikation und den (variablen) Stromtarifen.

So sollen die Messentgelte für Verbraucher und Kleinanlagenbetreiber auf 20 EUR/Jahr deutlich gesenkt werden. – Dazu heißt es in einem Kommentar: „Die Messentgelte werden künftig nicht mehr nur vom Kunden entrichtet, sondern durch Zuschüsse der Netzbetreiber mitfinanziert. Die Zuschüsse wiederum sind in die Netznutzungsentgelte einzubeziehen.“[5]

Die Datenkommunikation wird – so der Entwurf – erweitert, indem alle intelligenten Messsysteme künftig viertelstundenscharf bilanziert werden. So können dynamischer Stromtarife endlich auch in der Breite eingeführt werden. Diese Forderung wird zugleich durch die Abschaffung jeglicher De-Minimis-Schwellen dafür ab 2026 auch zeitlich fixiert.

Mit einer Empfehlung für das 1:n-Metering werden, so ein Kommentar, ganz „ausdrücklich (auch) Quartier-Lösungen für den Betrieb von Smart-Meter-Gateways als zulässig erachtet … Damit kann ein Gateway für eine Vielzahl von Netzanschlüssen verwendet werden.“[6]

Last not least befasst sich der Referentenentwurf mit der Rolle des BSI. Dessen Rechts- und Fachaufsicht für alle Aufgaben nach und im Zusammenhang mit dem Messstellenbetriebsgesetz wird auf das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz übertragen.

Und es soll sich im gesamten Technologie-Stack einer Smart Meter Infrastruktur zukünftig nur noch auf das Smart-Meter-Gateway fokussieren. Alle anderen Komponenten sollen durch die Normgeber der Wirtschaft (VDE, DKE, FNN) und in Forschungsprojekten weiterentwickelt werden. 

Das wird in ersten Stellungnahmen mit dem Verweis auf möglicherweise zukünftig fehlende Interoperabilität kritisiert, „da die mit der Branche im breiten Konsens erstellte BSI TR 03109-5 nicht gesetzlich verankert wird. Es wäre fatal, wenn bei der so wichtigen Interoperabilität vorhandener Konsens nicht genutzt und der Reset-Knopf gedrückt würde. Das würde Anwendungen im CLS massiv zurückwerfen.“[7]

Quellen:

[1] Sebastian Schnurre, Partner und Rechtsanwalt der Energierechtsboutique AssmannPeiffer in ZfK Online, Richtungsänderung in der Metering-Gesetzgebung steht bevor, München 1.12.2022

[2] Ebda.

[3] ZfK, Weitreichende Änderungen beim Messstellenbetriebsgesetz, München 1.12.2022

[4] Wie auch anderen Stellen im Blog zitiert aus Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz eines „Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“, Berlin 29.11.2022

[5] Sebastian Schnurre, Partner und Rechtsanwalt der Energierechtsboutique AssmannPeiffer in ZfK Online, Richtungsänderung in der Metering-Gesetzgebung steht bevor, München 1.12.2022

[6] Ebda.

[7] Ingo Schönberg, PPC AG, in ZfK, Licht und Schatten beim neuen Messstellenbetriebsgesetz, München 1.12.2022