Sollte das EEG 2023 im jetzigen Entwurf umgesetzt werden, würden sich die Rahmenbedingungen für die kleinen Wasserkraftwerke in Deutschland deutlich verschlechtern. Das könnte das Aus für viele Anlagen bedeuten. Darauf weisen die Initiative evu+ im edna Bundesverband Energiemarkt & Kommunikation e.V., die Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern e. V. (VWB) und der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke e.V. (BDW) in einer gemeinsamen Stellungnahme an das Bundeministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hin. Biodiversität werde erneut gegen Klimaschutz und Versorgungssicherheit ausgespielt. Sinnvoller sei dagegen eine Modernisierung der Anlagen durch Repowering mit Digitalisierung und sinnvoller Ökologisierung.

„Laut dem vorliegenden Entwurf des EEG 2023 genießt der Naturschutz im Bereich Wasserkraft absolute Priorität. Fragen des Klimaschutzes, der Versorgungssicherheit oder der Energieeffizienz werden weitestgehend ausgeblendet. Schon jetzt müssen Ertüchtigungsmaßnahmen im Bestand hohe Naturschutzhürden überwinden. Künftig wären Modernisierungsmaßnahmen in den meisten Fällen nicht mehr möglich, von einem Zubau an Wasserkraft ganz zu schweigen“, fasst Andrea von Haniel, Mitglied der Initiative evu + im edna Bundesverband, zusammen. „Wir regen deswegen dringend an, dass kurzfristig in einem Fachgespräch zur Wasserkraft im Rahmen der EEG-Konsultationen nicht nur die gewässer-ökologische Sicht, sondern auch die Argumente der Wasserkraft für Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Energieeffizienz gegeneinander abgewogen werden. Wasserkraft sollte hier nicht anders behandelt werden als andere Erneuerbare Energien“, ergänzt der VWB-Vorsitzende Fritz Schweiger und fordert die Wasserkraft beim übergeordneten öffentliche Interesse nicht auszunehmen.

Wegen ihrer Nähe zu den Stromverbrauchern vermeidet die Kleinwasserkraft bundesweit Netzausbaukosten von 750 Millionen Euro und weitere Netzdienstleistungen im Wert von 250 Millionen Euro, da sie in der Regel in die Nieder- und Mittelspannungsnetze einspeisen, und dort die spezifischen Netzausbau- und Leitungsverlustkosten am höchsten sind. In Summe würde ein Verzicht auf kleine Wasserkraftanlagen Mehrkosten von etwa einer Milliarde Euro erzeugen. Zudem sind Wasserkraftwerke oft das Rückgrat zahlreicher Handwerksbetriebe, wie Mühlen oder Sägewerke, und halten wertvolle landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten aufrecht.

Allein in Bayern gibt es 100.000 Flusskilometer und 57.000 Querbauwerke in Flüssen. Allerdings wird nur an 4.248 Querbauwerken auch Energie aus Wasserkraft erzeugt und damit eine klimafreundliche Kompensation für den ohnehin vorhandenen Gewässereingriff geschaffen. Heute gibt es in Bayern 4.248 Wasserkraftanlagen. Im Jahr 1926 waren es noch 11.900 Anlagen. Damals waren die Gewässer und die Fischwelt noch weitgehend in Ordnung. Mit der zunehmenden Industrialisierung und dem Bau fossiler und nuklearer Großkraftwerke in 60ern und 70ern hat sich die Anzahl der Wasserkraftwerke in den vergangenen hundert Jahren um zwei Drittel verringert. „Die Folgerung für das EEG 2023, dass die Wasserkraftnutzung trotz der Verringerung der Anzahl ihrer Werke für die Verschlechterung der Gewässerverhältnisse verantwortlich sein soll, ist unstimmig und nicht nachvollziehbar“, erklärt edna-Geschäftsführer Rüdiger Winkler.

Technologien zum Fischschutz und zur Gewährleistung der Durchgängigkeit, wie Feinrechen oder Fischwanderungsanlagen sind vorhanden und bewähren sich seit vielen Jahren in der Praxis. Die Wasserkraft kann damit – übrigens als einziger Gewässernutzer – die Einhaltung der strengen Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie und des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes sicherstellen. Und auch sonst in Sachen Naturschutz hat die Wasserkraft eine wichtige Funktion: Wasserkraftwerke entfernen pro Jahr zwischen 80 und 290 Tonnen Makroplastik allein aus dem bayerischen Donauraum. Zudem sind Wasserkraftwerke seit jeher vielfach Bürgerkraftwerke: Sie werden nicht nur von privaten Gewerbetreibenden, sondern auch von Stadtwerken und Gemeindewerken betrieben und liegen daher häufig in kommunaler bzw. öffentlicher Hand.